Muga – Rioja klassisch und modern

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Das legendäre Eisenbahnviertel von Haro in Rioja Alta verfügt über eine Dichte an herausragenden Weingütern wie sie sonst wohl nur noch auf der Avenue de Champagne in Epernay existiert. Berühmte Erzeuger wie Muga, Tondonia, CVNE und La Rioja Alta liegen einen Steinwurf voneinander entfernt, um nur ein paar der großen Namen zu nennen.

Woher kommt dieses Gedränge an Top-Produzenten auf so engem Raum? Diesbezüglich werfen wir einen kurzen Blick ins 19. Jahrhundert.

Das Eisenbahnviertel von Haro entwickelte sich ab den 1860er-Jahren zu einem Zentrum der spanischen Weinproduktion, was auf zwei Gründe zurückzuführen ist: Zum einen wütete damals bereits die Reblaus in Frankreich. Der Schädling zerstörte nahezu alle Weinberge und ließ in der Folge die Warenbestände der Händler zur Neige gehen. Folglich zog es französische Winzer und Weinhändler ins benachbarte Spanien, insbesondere in die Rioja, wo die Weinberge noch intakt waren. Darüber hinaus – dies ist der zweite Punkt – erhielt Haro im Jahr 1863 einen Eisenbahnanschluss nach Bilbao und lieferte somit die ideale Infrastruktur für eine groß angelegte Weinwirtschaft. 

Mit diesen Begebenheiten waren also die Voraussetzungen für den Rioja-Boom im ausgehenden 19. Jahrhundert gegeben: Konkret war es die Kombination aus französischem Know-how in Sachen Weinbereitung, gepaart mit einem großen Weinbedarf in Frankreich im Allgemeinen und Bordeaux im Speziellen sowie die Möglichkeit den Wein einfach und schnell abzutransportieren. In der Folge siedelten sich viele Weingüter im Eisenbahnviertel von Haro an, die meisten verfügten sogar über einen eigenen Bahnsteig auf ihrem Gelände. 

Eisenbahn vor Bodegas Muga
Alte Lokomotive vor dem Muga-Weingut. Früher transportierte das Gefährt den Wein in Holzfässern nach Bilbao und Bordeaux.

Muga – ein Weingut mit eigener Küferei

Die Familie Muga gründete 1932 ihr eigenes Weingut in Haro, war davor aber schon über mehrere Generationen im Weingeschäft in Rioja tätig. Heute wird das Weingut in dritter Familiengeneration betrieben. Ein Besuch dieses weltbekannten Erzeugers ist ein denkwürdiges Erlebnis, schlummern in seinen Kellern doch über 14.000 Holzfässer verschiedener Größen und Altersklassen (bis zu 50 Jahre alte Holztanks für die Vergärung). 

Nach einem Stahltank sucht man in der Kellerei vergebens, denn bei Muga findet die gesamte Weinbereitung in Eichenholz statt. Anstelle findet man eine Küferei, welche das Weingut eigens zur Produktion ihrer Holzfässer unterhält. Dies ist ein kostspieliges Unterfangen, weshalb heutzutage kaum mehr ein Weingut eine Küferei besitzt.

Bei Muga verhält sich dies anders, denn die Familie will die Kontrolle über die Produktion behalten, koste es was es wolle, und sie verfügt über eine reiche, Jahrzehnte lange Erfahrung. So ist der leitende Küfer seit über 40 Jahren im Betrieb tätig, und sein Sohn arbeitet ebenfalls schon in der Muga-Küferei. Das Erbe wird also fortbestehen.

Über 2000 Holzfässer im Jahr erzeugen die Muga-Küfer – das Toasting der Barriques wird sowohl dem Charakter eines Jahrgangs, als auch dem gewünschten Weinstil angepasst. Nach sechs Jahren werden die Barriques für die Weinbereitung ausgetauscht und durch neue ersetzt.

In der Küferei
In der Küferei bei Muga. Hauptsächlich verwendet das Weingut französische Eiche, amerikanische kommt ebenfalls zum Einsatz.

Was ist Rioja klassisch, was modern?

Obwohl es sich um ein Familienweingut handelt, ist Muga kein kleiner Erzeuger: Das Weingut kultiviert 350 Hektar Rebland, die sich an vielen Standorten in der Subzone Rioja Alta verteilen. Im Anbau sind die regionaltypischen Reben Tempranillo, Garnacha, Mazuelo, Graciano, Viura und Malvasia. Die Jahresproduktion umfasst etwa 1,5 Millionen Flaschen. Neben so berühmten Rotweinen wie Prado Enea und Torre Muga enthält das Portfolio auch hochklassige Weiß- und Roséweine sowie selbst Cava-Schaumweine (bestimmte Gebiete von La Rioja sind in der D.O. Cava integriert, die bekanntlich in Katalonien ihr Zentrum hat).

Schauen wir im Folgenden auf die Rotweine: Diesbezüglich ist Bodegas Muga eines der wenigen Weingüter in der Rioja, die sich sowohl in klassischer als auch moderner Rioja-Stilistik verstehen.

Bezüglich der Weinbereitung für alle Rotwein-Stile gilt: Die Weine werden spontan in Holztanks vergoren und anschließend in 225-l-Barriques ausgebaut. Die Schönung der Weine erfolgt mit frischem Eiweiß, wie es in der Rioja bereits seit dem 18. Jahrhundert praktiziert wird.

Die Schönung der Weine erfolgt mit frischem Eiweiß, sehr typisch für die Rioja.

Als Vertreter des klassischen Rioja darf die Gran Reserva Prado Enea bezeichnet werden, einer der Kultweine der Rioja. Was aber macht den klassischen Stil aus? Vor allem sind es die langen Reifezeiten in Barrique und Flasche: Zum Beispiel reift der Rotwein Prado Enea mindestens drei Jahre in Barriquefässern plus mindestens drei weitere Jahre in der Flasche, bevor er in den Handel gelangt. Der Wein kommt also trinkreif auf den Markt, verfügt aber zugleich über ein sagenhaftes Reifepotenzial von 50 Jahren und mehr. Aufgrund der langen Flaschenreife enthalten klassische Rioja-Weine zumeist eine ins Ziegelrote gehende Farbe, einen feinen Säurenerv, eine samtige Textur und ausgeprägte Tertiäraromen wie geröstete Nüsse, feuchter Waldboden und getrocknete Früchte. Die besten Exemplare sind komplex und voller Finesse.

Dieser klassische Rioja-Stil erfährt seit einigen Jahren wieder ein kleines Revival. Ab den 1980er-Jahren – im Zuge der „Parkerisierung“ der Weinwelt – war er über längere Zeit weniger gefragt, was auch Bodegas Muga dazu bewogen hat eine moderne Linie einzuführen, für die beispielsweise der Top-Wein Torre Muga steht.

Moderne Rioja-Rotweine kommen im Vergleich dunkler, fruchtiger und körperbetonter daher. Zum einen werden die Trauben etwas später und reifer gelesen. Im Keller erfolgt dann eine längere Maischestandzeit, bei welcher der Most mehr Farbe, Extrakt und Frucht aus den Beerenschalen zieht. Darüber hinaus kommen neue französische Barriques mit einem kräftigeren Toasting zum Einsatz. Im Gegenzug sind die Reifezeiten in Barriques und Flasche viel kürzer, die Weine kommen also deutlich jünger auf den Markt.

Die hier genannten Rotweine Prado Enea und Torre Muga sind eher hochpreisige Weine. Einen schönen Vergleich zwischen modernem und klassischen Rioja bieten ebenfalls die Muga-Rotweine El Anden de la Estación (modern) und Muga Reserva (klassisch). Für Rioja-Interessierte bieten diese zwei Weine von Bodegas Muga einen hervorragenden Einstieg in diese Weinregion und ihre unterschiedlichen Stile.

Barriques bei Muga
Insgesamt 13.000 Barriques befinden sich in den Weinkellern von Bodegas Muga.

Weitere Informationen:

Weine von Bodegas Muga finden Sie hier im Vino&Alma-Shop.

Alle Beitragsfotos: © Thomas Götz

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